Die Zeit im real existierenden Sozialismus der DDR war eine harte. Denn da war nicht nur die Stasi, die einem das Leben schwer machte. Die allgemeine Kontrolle durch den Staat war überall gegenwärtig. Das sollte nicht vergessen werden, auch wenn es verständlich ist, aus dem Vergangenen immer das Gute im Gedächtnis zu behalten. Und das Gute gab es. Es gab einen Zusammenhalt zwischen den Menschen, der sich unter westlichen Verhältnissen nicht vorstellen lässt.
So erzählt das Buch „Spreu und Weizen“ vom Aufwachsen eines jungen Mannes im letzten Jahrzehnt der DDR. Halb noch ein Kind greift bereits die lenkende Hand des Staates und der Stasi in sein Leben ein. Viel Spielraum wird ihm nicht gelassen. Entweder er ist mit dabei, oder er droht ins Abseits zu geraten. Eigene Bedenken zählen da keine. Nur der Einsatz für die Sache des Sozialismus verspricht sein Weiterkommen. Aber er eckt an, immer wieder, will sich nicht alles vorschreiben lassen. Das hat Folgen: Durch die schlechte Abiturnote schwer angeschlagen, tritt die Stasi nun aus ihrem Schatten heraus, bereit, alle Patzer zu verzeihen, wenn er seinen Militärdienst nicht bei der Armee, sondern beim Stasi-Wachregiment ableisten würde. Er tut es.
In der DDR galt eine Militärpflicht von 18 Monaten. Wer jedoch studieren wollte, hatte es bedeutend leichter, wenn er sich freiwillig für drei Jahre verpflichtete.
Allerdings kommt er nie in diesem Regiment an. In einer Wachkompanie landet er schon, jedoch direkt beim Ministerium für Staatssicherheit und nicht in deren Wachregiment. Und schlimmer noch: Sein Wachobjekt ist ein operatives, gehört zum Geheimdienst. Das alles muss ein Irrtum sein. Schließlich hat er Verwandtschaft im Westen, ist nicht in der Einheitspartei, trägt Westklamotten am Leibe und konsumiert die westlichen Medien ganz selbstverständlich. Dinge also, die für die Stasi ein Unding sind und doch scheint sich niemand daran zu stören.
Die Stasi bestand nicht nur aus einer Abteilung, die für die Bespitzelung der DDR-Bürger verantwortlich war. Sie hatte auch einen Geheimdienst, der in den westlichen Ländern spionierte.
Denn eigentlich ist der junge Mann nur ein kleiner Unteroffizier, der auf seinem Dienstobjekt „KK“ für die Sicherheit zuständig ist. Aber die Offiziere in der „Koordinierungsstelle Karlshorst“ (zwischen sowjetischem KGB und der Stasi) lassen sich gern in die Karten gucken und führen ihn Schritt für Schritt an die Arbeit des DDR-Geheimdienstes im Westen heran. Und erst jetzt begreift er, dass nix und gar nichts Zufall war. Schon damals in der Schule nicht. Denn er ist ein bisschen frech und doch nett und liebenswert, ja vertrauenswürdig. Bessere Voraussetzungen zur Informationsbeschaffung gibt es keine. Da ist es völlig egal, ob er Westfernsehen guckt oder nicht. Selbst das „zufällige“ Kennenlernen der KGB-Agentin Larissa erscheint ihm plötzlich wie ein Test, ob und wie er auf Frauen reagieren würde.
Einer der Offiziere zu dieser Zeit auf sowjetischer Seite war Major Wladimir Putin. Er war einer der neuen Offiziere, die nach Gorbatschows Amtsantritt in die DDR geschickt wurden und verrichtete in Dresden seinen Dienst als Koordinierungsoffizier zwischen KGB und MfS.
Letztlich kommt es so, wie es für ihn außer Frage steht. Seine Militärzeit ist zu Ende. Aber niemand im „KK“, der ihn gehen lassen will. Schließlich wäre die dreijährige Ausbildung kein Witz gewesen. Nur eben, dass es auch in der Stasi Gesetze gibt: Der Beitritt zur Berufs-Stasi muss unterschrieben werden.
Doch er unterschreibt nicht und wird entlassen …
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